Auch wenn es mir viel kürzer vorkommt. Ich bin bereits mehr als 6 Wochen hier und damit ist die Hälfte der Zeit schon rum. Es wird Zeit für einen Zwischenbericht zu Land und Leuten hier.
Die Stadt – Be’er Sheva
Blick auf Be'er Sheva vom Campus Tower, meiner Unterkunft
Be’er Sheva ist eine etwas kleinere Stadt mit 200.000 Einwohnern und liegt im Negev, der Wüste Israels. Im Gegensatz zu Tel Aviv ist es hier zwar etwas wärmer, dafür ist die Luftfeuchtigkeit nicht so hoch, so dass es sich hier gut leben lässt. Nichtsdestotrotz wäre ein Strand schon schön 😉
Unterkunft
Campus-Tower
Ich wohne im so genannten Campus Tower, einem 12-stöckigen Haus mit Apartments. Die Einrichtung ist sehr spartanisch, reicht aber zum Leben. Im Erdgeschoss ist direkt eine kleine Kneipe integriert, die aufgrund der Preise und mangels anderer Besucher aber nicht sehr attraktiv ist und um Keller einen sehr einfachen Fitnessraum. In unmittelbarer Umgebung gibt es einen Supermarkt sowie einige weitere kleinere Shops.
Arbeit
Nachdem ich anfangs sehr wenig zu tun hatte, wird es langsam doch etwas mehr. Die meisten Arbeiten hängen mit dem aktuellen Projekt Looki zusammen. Looki ist ein Programm für Android Handys, mit dem User untereinander Fotos und Videos austauschen können. Man sieht auf einer Weltkarte wo überall User eingeloggt sind und kann diesen dann eine Anfrage für ein Foto oder Video schicken um zu sehen wie es dort gerade aussieht. Ob und wenn ja wie die App an den Markt kommt, ist aber noch unklar. Momentan bin ich dabei eine Website für diese App eine Website zu designen. Generell empfinde ich die Aufgaben hier als sehr unklar formuliert. Spätere Änderungswünsche vermitteln mir eher den Eindruck, dass der Chef selber nicht weiß, was er eigentlich will.
Insgesamt ist es hier aber sehr locker und die Arbeitszeiten sind frei wählbar (Chef kommt eigentlich nie vor 10). Wir gehen hier meistens gegen 8:30 Uhr los und laufen dann ca. 15 Minuten dahin. Gegen 10 Uhr steht schon die erste Pause an: Es gibt lecker Tost mit Thunfisch, Käse und Zwiebeln. Gegen 13 Uhr ist dann Mittagspause und gegen 16 Uhr in der Regel Feierabend. Nach der Arbeit gehe ich gerne Schwimmen, da das Sports Center nur ca. 5 Minuten Fußweg entfernt ist.
Uni Campus
Der Campus ist hier sehr groß, was besonders in der Mittagspause ganz gut ist, da man so ziemlich alles zu Essen bekommt: Mensa, Salatbar, Sandwich, Joghurt, Schnitzel, Burger, McDonalds, Kuchen,… Aufgrund der Semesterferien ist es momentan jedoch sehr leer, was ich ziemlich schade finde. Gerne hätte ich noch andere Studenten kennen gelernt.
Müll und Katzen
Mülltonnen gibt es hier fast gar keine, stattdessen gibt es große Müllcontainer, die sich jeweils mehrere Häuser teilen. Oft wird der Müll aber auch einfach irgendwohin geworfen, so dass die ganze Stadt für deutsche Verhältnisse sehr eingemüllt ist und man sich an den Duft erst gewöhnen muss. Es ist normal hier seinen Weg unterwegs einfach fallen zu lassen. Einigen scheint sogar der Weg von der Wohnung bis vor die Haustür zu weit zu sein, so dass versucht wird aus oberen Stockwerken die ca. 20Meter vom Haus entfernten Container zu treffen – mit wenig Erfolg.
Der Müll zieht dementsprechend Ratten an, weshalb man einige Katzen aussetzte. Aus dem Rattenproblem ist somit ein Katzenproblem geworden, denn Katzen laufen hier überall rum. Wer seinen Müll in den Container wirft, sollte nicht erschrecken, wenn dann mehrere Katzen rausgesprungen kommen.
Sprache
שלום!
Die offizielle Sprache hier ist hebräisch und selbst ich spreche schon einige Wörter. Momentan konzentriere ich mich aber mehr darauf die Buchstaben anständig lesen zu können, da das oft noch mehr hilft. Englisch können hier zwar viele, aber längst nicht alle Leute.
Reisen
Christoph, Ariell, Tim und ich im Ein Gedi Nationalpark
Wie ihr in den vergangenen Artikeln lesen konntet, war ich bereits in Tel Aviv, Jerusalem, Nazareth, am Toten Meer, am See Genezareth und in den Golanhöhen. Nähere Einzelheiten spare ich mir daher jetzt.
Verkehr: Auto
Autofahrt mit anderen Verkehrsteilnehmern
Die Menschen sind hier normal doch ziemlich gelassen, was sich jedoch so gar nicht im Verkehr wiederspiegelt. Jeder versucht sich irgendwo zwischen zu drängeln und die Hupe wird regelmäßig gebraucht. Ich glaube kaum, dass ein Israeli 30 Minuten Autofahrt ohne Hupe überstehen würde. Für mich war es jedoch nicht schwer mich hier im Verkehr einzufinden, lediglich Christoph musste mich öfter drauf hinweisen doch auch mal zu hupen, was dann in sinnlosem „Ich hupe, weil ich habe das schon ne ganze Stunde nicht mehr gemacht“ endete.
Verkehr: Bus und Bahn
Der Busverkehr zwischen verschiedenen Städten funktioniert hier sehr gut und ist dank staatlicher Zuschüsse ziemlich billig (die 100km nach Tel Aviv kosten umgerechnet ca. 3EUR). Auch sind die Busse gut klimatisiert und meistens mit WLAN ausgestattet. Zu allen größeren Städten fahren die Busse im 15 oder 30 Minuten Takt, die Fahrgäste sind meistens Soldaten auf dem Weg von/zu ihren Familien. In jeder Stadt gibt es eine Central Bus Station, die in der Regel mehrstöckig mit integriertem Shoppingcenter ist. Zwar gibt es auch Züge, jedoch sind diese etwas teurer und auch nicht schneller, so dass ich sie bisher noch nicht genutzt habe
Polizei mit Blaulicht
Polizisten scheinen es hier toll zu finden mit Blaulicht rumzufahren, so dass sie dies auch immer tun. Wenn sie dann wirklich mal im Einsatz sind (man erkennt dies an dem zusätzlich eingeschalteten Martinshorn), muss diesen zwar theoretisch Platz gemacht werden, jedoch sieht man das hier nicht ganz so eng. Es kann durchaus mal 5 Minuten dauern, bis ein Autofahrer zur Seite fährt und Platz macht.
Wehrdienst
Im Gegensatz zu Deutschland, wo der Wehrdienst ja nun abgeschafft ist, müssen hier alle Männer 3 und die Frauen 2 Jahre zur Armee. Verweigerung ist nur in sehr wenigen Ausnahmefällen gestattet; wer trotzdem nicht dahin geht, muss ins Gefängnis und bekommt gesellschaftlich einen schlechten Ruf.
Es ist normal, dass die Soldaten ihre Gewehre mit nach Hause nehmen. Dementsprechend laufen hier sehr viele Leute mit einem Gewehr herum, woran man sich erst mal gewöhnen muss.
Sicherheitskontrollen
Aufgrund der Sicherheitslage gibt es hier oft Sicherheitskontrollen: Wenn man z.B. ins Einkaufszentrum, zum Busbahnhof oder auf den Uni-Campus will, steht dort bewaffnete Security am Eingang und führt eine Taschenkontrolle durch. Da diese jedoch meist nur sehr kurz und ungenau ist, bezweifele ich ob dort eine Bombe gefunden werden würde.
Sicherheit allgemein
In Deutschland hört man aus Israel fast immer nur von irgendwelchen Terroranschlägen, was mittlerweile aber die absolute Ausnahme. Ich selber habe bisher einen Raketeneinschlag miterlebt, wobei die Rakete auch nur in der Nähe der Stadt einsc
hlug. Bombenexplosionen und Schießereien gab es keine. Natürlich gibt es aber dementsprechende Vorkehrungen wie Bunkerräume und die bereits angesprochenen Sicherheitskontrollen, jedoch halten einen diese nicht von einem normalen Leben wie in Deutschland ab.
Klima
Rückfahrt vom Toten Meer
Das Klima ist hier eigentlich nur eins: PERFEKT! Temperaturen sind meist zwischen 30 und 40 Grad, selten gibt es Wolken, Regen habe ich noch keinen erlebt. Während es in Tel Aviv eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit gibt, ist es hier in Beer Sheva eine relativ angenehme Hitze.
Klimaanlagen
Aufgrund der Temperaturen sind Klimaanlagen hier Standard. Leide kühlen diese oft zu viel, so dass dann das Fenster geöffnet wird um warme Luft rein zu lassen. In Geschäften sind Klimaanlagen teilweise direkt an den offenen Türen befestigt, so dass auch hier die Umgebung mit gekühlt wird.
Bars
Getränke in Bars sind hier im Vergleich zu Deutschland sehr teuer (ein Bier gibt’s ab 5 Euro), ansonsten gibt es keine großen Unterschiede. Lustig wird es immer, wenn es keine englische Karte gibt, aber zum Glück kann ich mittlerweile zumindest die Biersorten lesen J Das sieht dann ungefähr so aus: קרלסברג, היינקן, גולדסטאר
Kreditkarte
Israelis zahlen gerne alles mit Kreditkarte, so dass ich zum Beispiel bei uns im Gebäude einen Schokoriegel für 1 Euro mit Kreditkarte bezahlen kann. An der Uni funktionieren die Kopierer angeblich auch nur mit Kreditkarte.
Essen
Essensmäßig gibt es hier sehr viel Shawarma (Döner-ähnlich), Falafel (wie Shawarma, aber ohne Fleisch und dafür mit Kügelchen aus Kichererbsen) und richtig gute Backwaren. Oft gehen wir abends einfach nur zum Bäcker und kaufen uns dort Brötchen/Blätterteigtaschen gefüllt mit den verschiedensten Sachen. Die Auswahl ist einfach nur überragend! Natürlich gibt es aber auch andere Speisen, die wir aus Deutschland kennen: Burger, Pizza, Pasta, Schnitzel, ….
Lebensmittel im Supermarkt zu kaufen ist sehr teuer und wir haben nur eine funktionierende Herdplatte, so dass selber kochen nicht lohnt.
Schnitzel
Koscher
Die jüdische Kultur beinhaltet auch das koschere Essen, was sich im Wesentlichen in drei Punkten zusammenfassen lässt: Es dürfen nur bestimmte Fleischsorten (z.B. kein Schweinefleisch) gegessen werden, das Fleisch muss ausgeblutet sein und es dürfen nicht Milch- und Fleischprodukte zusammen gegessen werden. Von den ersten beiden Punkten merke ich in der Praxis eigentlich nichts, den letzten dagegen schon. Pizza mit Fleisch: Geht nicht! Sandwich mit Wurst und Käse: Geht nicht! Cheeseburger: Geht nicht! Lasagne: Geht nicht! Da Thunfisch wohl nicht zu den Tierprodukten zählt, darf dieser auch mit Milchprodukten gegessen werden und so gibt es auf fast jeder Pizza, Sandwich, usw. Thunfisch.
Shabbat
Markt an Shabbat
Wer dachte in Deutschland wäre am Sonntag alles geschlossen, sollte mal hier nach Israel kommen. Freitagabend macht hier einfach alles zu und das Leben steht bis Samstagabend. Es fahren keine Busse und außer ein paar Araber-Läden hat alles geschlossen. Es ist daher ratsam sich Freitag noch mit ausreichend Lebensmitteln einzudecken.
Ausblick: Ägypten, Westbank, Haifa
Für Tim hat nun die letzte Arbeitswoche begonnen, er fährt am Wochenende bereits zurück nach Deutschland. Christoph und ich haben nächste Woche Urlaub und werden nach Dahab ans Rote Meer fahren. Dort werden wir einen Tauchkurs und hoffentlich auch ein paar Touren machen. Eine Pyramidentour wird jedoch mangels Visa wohl nicht klappen. Danach verbleiben nur noch 4 Wochen, in denen ich in die Westbank, nach Haifa und auch nochmal nach Tel Aviv an den Strand fahren werde.